Jahresbericht_2024_Patientenumfrage_Neu

Jahresbericht 2024

Thomas_Zecho_web„Uns war wichtig, von Patientinnen und Patienten selbst zu erfahren, ob sie sich bei uns sicher und gut betreut fühlen.“

Thomas Zecho,
Leiter Medizin Controlling bei der DRF Luftrettung

Thomas_Zecho_web

„Uns war wichtig, von Patientinnen und Patienten selbst zu erfahren, ob sie sich bei uns sicher und gut betreut fühlen.“

Thomas Zecho,
Leiter Medizin Controlling bei der DRF Luftrettung

Herr Zecho, Sie haben zusammen mit Ihren Kollegen eine Befragung unter Patientinnen und Patienten durchgeführt, zu denen die Crews der DRF Luftrettung im September 2024 gerufen wurden. Warum?

Zum einen wollten wir wissen, ob wir wirklich so gut sind, wie wir glauben – immerhin werden unsere Crews extra ausgebildet, um auch für schwierige Situationen gewappnet zu sein. Bisher lag unser Hauptfokus auf der medizinischen Versorgung, d. h., wir haben die Therapie entsprechend den aktuellen Leitlinienempfehlungen zu den jeweiligen Krankheitsbildern durchgeführt. Mit der Umfrage war uns wichtig, von Patientinnen und Patienten selbst zu erfahren, ob sie sich bei uns auch sicher und gut betreut gefühlt haben. Für uns ist die Rettung von Menschenleben etwas zutiefst Menschliches, was bei Einsätzen deutlich zu spüren, aber nicht leicht zu erfassen ist. Wir erweitern unsere Qualitätssicherung mithilfe von Befragungen um emotionale Gesichtspunkte – die emotionale Situation der Patienten trägt ja ebenfalls zu deren Genesungsprozess bei.

Zum anderen orientieren wir uns am sogenannten „Aktionsplan Patientensicherheit“ der WHO: Aus Erfahrungen von Patientinnen und Patienten und deren Familien, die unsicherer Versorgung ausgesetzt waren, soll gelernt werden. Wenn wir nicht optimale Abläufe verstehen, können wir effektivere Lösungen entwickeln. Das ist auch ein wichtiger Teil unseres Qualitäts- und Risikomanagementsystems. Ein wesentliches Kriterium dabei ist, wie die Patienten in ihre Behandlung einbezogen werden und wie mit ihnen kommuniziert wird: Ein  Gefühl von Sicherheit wird beispielsweise auch dadurch erzeugt, dass die Patienten immer in verständlicher Sprache über den nächsten Schritt informiert werden.

Wird es weitere Patientenbefragungen geben?

Ab Herbst 2025 werden wir wieder Patientinnen und Patienten befragen. Die Umfrage wird wissenschaftlich begleitet werden. Weil die Ergebnisse Rückmeldungen über die Qualität der Versorgung aus Patientenperspektive geben – sowie gegebenenfalls Anhaltspunkte für Verbesserungsmaßnahmen –, wollen wir auch in Zukunft regelmäßig Befragungen durchführen.

Haben Sie durch die Befragung etwas Überraschendes erfahren?

Ja. Die Einsätze, zu denen wir befragt haben, fanden im September statt, also im Spätsommer. Trotzdem gaben zehn Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer an, dass sie beim Transport gefroren haben. Damit hatten wir nicht gerechnet. Wir haben daher die Crew dafür sensibilisiert, noch mehr auf das individuelle Wärmeempfinden der Patentinnen und Patienten zu achten. Die Wärmedecken und Patientenschutzhüllen, die immer mitgeführt werden, setzen die Crews jetzt noch häufiger ein.

Sind die Ergebnisse denn valide, also statistisch gesehen sauber erfasst?

Ja, denn wir haben die Patientinnen und Patienten nach klaren Kriterien ausgesucht und darauf geachtet, dass die Antworten vergleichbar sind. Zum Beispiel haben wir nur Menschen befragt, die im Rahmen eines sogenannten Primäreinsatzes versorgt wurden – also nicht im Rahmen einer Verlegung zwischen zwei Kliniken. Allen gemeinsam ist zudem, dass sie GCS 12 oder höher im Übergabebefund waren – das heißt, sie waren wach oder nur leicht benommen und konnten noch antworten und auf Reize reagieren. Zudem wurden nur Menschen angeschrieben, die 16 Jahre oder älter und beim Einsatz geschäftsfähig waren. Sie durften unter anderem keine bewusstseinsverändernden Medikamente erhalten haben; auch Menschen, die intubiert waren oder beatmet wurden, mussten wir ausschließen. Insgesamt haben wir 1.259 Patienten angeschrieben und über 320 Rückmeldungen bekommen, also knapp 25 Prozent Rückläufer. Das sind erstaunlich viele bei einer Befragung, die zum ersten Mal in dieser Form durchgeführt wurde.   

Was freut Sie besonders mit Blick auf die Ergebnisse?

Zum einen natürlich die durchweg sehr guten Bewertungen, die unsere Crews erhalten haben. Sie zeigen: Die Crews sind hochprofessionell und gehen auch auf menschlicher Ebene voll auf ihre Patientinnen und Patienten ein. Im medizinischen Notfall zählt alles: die medizinische Ausstattung, die Abläufe in der Crew – und der Umgang mit den Patientinnen und Patienten.
Zum anderen sind die Anmerkungen, die uns die Befragten zusätzlich zum Fragebogen geschickt haben, bis auf eine Ausnahme durchweg positiv. Manche der Rückmeldungen gingen mir sehr zu Herzen. Eine Frau hat sich beispielsweise im Namen aller Angehörigen bei uns bedankt, weil ihr Mann den Flug mit uns strahlend als „unglaublich schön“ beschrieb, leider verstarb er trotz bester Versorgung später jedoch in der Klinik. Geschmunzelt habe ich dagegen bei folgender Nachricht: „Das Team war top, die Behandlung war top. Gerne wieder, aber hoffentlich nie wieder.“